Mai
2011
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Im Frühling ist bei den Werften hier in St.Jean de Losne jeweils Hochbetrieb. Schiffe, die den Winter am Trockenen verbrachten, werden eingewassert, solche, die etwas mehr Aufmerksamkeit dringend benötigen, werden an Land geholt. Auch wir wurden mehrmals täglich von fliegenden Schiffen (nicht Fischen) besucht! Oftmals war es gekonnte Zentimeterarbeit des Kranführers, welche die verschiedenen Yachten wieder schadlos ins Wasser brachte.
Am 8.Mai wird in Frankreich 'la fête de la Victoire' gefeiert, das Fest
zum Ende der Okkupation durch das dritte
Reich. In vielen Ortschaften erinnern Umzüge mit historischen Fahrzeugen
an jene Zeit und mit viel Pomp werden Kränze bei den Denkmälern für die
Gefallenen niedergelegt. Danach findet natürlich der obligate Apéro für alle Besucher des
Anlasses statt. Der dadurch entstandene Verkehrsstau dauerte fast eine halbe Stunde und wurde allseits klaglos ertragen. Allerdings ist hier in Frankreich das geduldige Warten eines der grossen Geheimnisse, das jeder Ausländer entweder schnell lernt, oder daran verzweifelt. Dann stoppte der ganze Konvoi vor der Mairie (dem Rathaus) und es wurde weiter gewartet. Diese Zeit bot willkommene Gelegenheit, in richtig französischer Manier zu diskutieren, zu palavern und gestikulieren. Und dabei wird vor allem auch die schmucke Ausgangsuniform präsentiert (wer in der Schweiz hat noch weisse Handschuhe?!) Am 16. Mai war es dann endlich soweit! Wir fuhren vom Becken in St.Jean in die Saône, bogen bei St.Symphorien in den Canal du Rhône au Rhin ein und kreuzten schon am ersten Reisetag die Ria von Urs und Dominique! Am späteren Nachmittag kletterten wir die letzte Schleuse in Dôle hoch und legten am Schrägquai unterhalb der Altstadt an. Leider ist hier die Infrastruktur für grössere Schiffe nicht vorhanden; am offiziellen Fingerponton vis-à-vis gibt es Strom und Wasser, aber nur für Schiffe bis 15m. Dank unserer Solarpanele und wunderschönem Wetter waren wir dennoch über Tage autonom und konnten so die Stadt in Ruhe erkunden. Die Heimatstadt von Louis Pasteur, Sohn einer Gerberfamilie, der es zu Weltruhm gebracht hat, ist gut erhalten. Zahlreiche ihrer Winkel und Plätze sind ein Besuch und ein Foto wert. Eine spezielle Form von Patchworkfamilie hatten diese zwei Entenmütter gewählt! Sie hatten ihre 14 Entchen in einem regelrechten Kindergarten zusammengelegt und erledigten so die aufreibende Arbeit gemeinsam. Die Überlebenschancen der Kleinen waren damit bestimmt höher. Clever! Weiter ging's durch eine wunderschöne Kanalallee... ... auf dem 'terrassierten' Doubs an steilen Felsen vorbei durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Eindrücklich sind die zahlreichen Wehre, über die der Doubs immer wieder fliessen muss und die seinen Lauf zähmen. Die Schiffe hingegen überwinden den entsprechenden Höhenunterschied mittels Schleusen. Neben den landschaftlichen Schönheiten macht der Wechsel von Fluss- und Kanalfahrt den 'Canal du Rhône au Rhin' so interessant. In La Veloupe schwangen wir uns aufs Velo und fuhren zur 'Grotte d'Osselle'. Diese unterirdischen Höhlen werden schon seit 1504 von Besuchern bestaunt! In späteren Jahrhunderten wurden in den riesigen Gewölben opulente Feste abgehalten. Während der beiden Weltkriege versteckten sich im über 140km langen System Kämpfer der Résistance. Die märchenhaften Tropfsteine in unterschiedlichsten Farben und Formen sind heute gekonnt in Szene gesetzt.
Auf eine Attraktion hatten wir uns schon lange gefreut: den Tunnel von
Thoraise. Dieser wird mit einem Wasservorhang 'verschlossen'. Das sich
nähernde Schiff löst erst im letzten Moment den Schalter zum Abstellen
aus! Leider war die künstlerische Installation bei unserem Eintreffen
nicht in Betrieb! So schade! Die Anfahrt nach Besançon ist wirklich speziell! Die Zitadelle thront hoch über dem Doubs und demonstriert förmlich die Stärke der Stadt. Vauban, der Festungsbaumeister des Sonnenkönigs Louis XIV, machte aus der Stadt ein wehrfähiges Prunkstück seines Verteidigungsrings rund um Frankreich. Innert 50 Jahren baute oder verstärkte er über 160 Orte in seinem unverwechselbaren und militärisch genialen Stil. Zwölf davon sind in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen worden. Am meisten beeindrucken diese Bauten allerdings auf Luftaufnahmen, welche die sternförmigen Verteidigungsmauern erst richtig sichtbar machen. Wir schlichen auf leisen Sohlen unter der Zitadelle durch... ...und machten uns auf, die Stadt zu erkunden. Es gab viel zu sehen, für Gross und Klein! Aber ein Prunkstück, das man bei einem Besuch von Besançon auf keinen Fall verpassen sollte, ist die 'Horloge Astronomique' in der Kathedrale Saint-Jean! Dieses Meisterwerk wurde 1857 vom Bischof bestellt und innerhalb zweier Jahre von Uhrenmeister Vérité erbaut. Es zeigt 122 verschiedene Werte an, wie zum Beispiel die Ortszeit, die Jahreszeit, die jeweilige Tages- und Nachtdauer, die Zeit an 20 verschiedenen Orten der Welt, das aktuelle Sternzeichen, das genaue Osterdatum, die Meeresgezeiten, die Sonnenfinsternisse, uvm. Dazu noch ein Spiel mit den zwölf Apostel, römischen Soldaten und Christi-Auferstehung alle Stunden. Ein unglaubliches mechanisches Meisterwerk! Genau so beeindruckend war die begeisterte und fachkundige Führung durch einen älteren Herrn, der seinen Einsatz um nichts minderte, wenngleich wir die einzigen Zuhörer waren. Bei der Anfahrt erregte das kleine, wie angeklebt wirkende Türmchen am Ende der Verteidigungsmauer unsere Aufmerksamkeit. Natürlich mussten wir den Zugang dazu auf jeden Fall finden und von dort aus eine Foto in die Gegenrichtung schiessen! Allerdings war Matz nicht so ganz wohl dabei, da sie immer daran denken musste, wie das Ding von unten her aussieht! Festungsbaumeister Vauban: Daneben gab es auch neugierige Goldfische zu streicheln! Auch ein Erlebnis, vor allem, wenn sie das erste Mal 'ansaugen'!
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