Dezember 2021

Unsere Befürchtung, wie wir sie im letzten Bericht geäussert hatten, dass sich die Covid-Situation noch einmal verschlechtern könnte, erwies sich leider sehr schnell als berechtigt. Eine neue Virusmutante war in Südafrika entdeckt worden und hatte in beinahe allen Ländern zu neuen, restriktiveren Massnahmen geführt. Im Wissen, dass im Festmonat Dezember Kontaktbeschränkungen nur sehr schlecht ertragen würden, setzten Experten und Politiker auf die Möglichkeiten des weit verbreiteten Covid-Zertifikats. Damit liessen sich recht einfach die drei Gruppen von Geimpften, Genesenen und Getesteten (3 G) ermitteln und mit wenig zusätzlichem Aufwand wirksame Kontrollen einführen. Damit hätte man eigentlich recht gut leben können. Weil sich aber die Pandemie trotzdem weiter ausbreitete, wurden diese Massnahmen weiter verfeinert und die zusätzlichen Kategorien 2G und gar 2G+ eingeführt. Allein, auch das machte die Lage nicht besser, nur unübersichtlicher.

Ein paar Mal haben wir die Weihnachtsmärkte in Strassburg besucht, wie sie an verschiedenen Stellen in der Stadt betrieben wurden. Vorschriftsgemäss waren sie alle eingezäunt und der Zugang war nur mit einem gültigen Zertifikat möglich. Im so gesicherten Markt wurde an zahllosen Ständen alles angeboten, was die unterschiedlichsten Geschmäcker für ein gemütliches Weihnachtsfest zu benötigen scheinen. Es blieb zu hoffen, dass die fleissigen Standbetreiber auch unter diesen Bedingungen für ihre Anstrengungen belohnt würden.

     

Selbstverständlich gehört vor allem das leibliche Wohl zu den festlichen Gefühlen und so wurde auch für dieses ausgiebig gesorgt. Mit mehr oder weniger verführerischem Essen und mehr oder weniger geistvollen Getränken. Das Problem war nur, dass überall auf dem Markt Maskenpflicht galt und essen und trinken nur an ausgewählten, besonders abgesperrten und kontrollierten Stellen erlaubt war. Als Konsequenz musste jeder Hungrige seine Labsale einkaufen und damit zum richtigen Ort wandern, wo er sie endlich geniessen konnte. Ob das dem Geschäft förderlich war, das wagen wir zu bezweifeln.

In den ersten Tagen des Monats sind auch Maria und Mende auf ihre Constanta zurückgekehrt, die sie seit Ende Oktober im Hafen parkiert hatten. Wir waren den Beiden vor zwei Jahren in Castelnaudary (siehe November 2019) zum ersten Mal begegnet und haben seither unseren Kontakt aufrecht erhalten. Nun werden wir während des Winters ausreichend Gelegenheit haben, die damals angefangenen Gespräche weiter zu führen.

Den St.Nikolaustag (6. Dezember) feierten wir bei einem Treffen auf ihrem Schiff, wo auch einer unserer Grittibänzen mit eingeladen war. Wie leicht vorauszusehen war, überlebte er das Treffen allerdings nicht. Als Hauptprobe hatten wir zuvor aus dem selben Teig einen kleinen Zopf gemacht. (Ambitionierte BäckermeisterInnen unter den Lesern mögen uns die verbesserungsfähige Flechtkunst verzeihen)

   

Einer unserer Schönwetter-Spaziergänge führte uns, diesmal zur Winterzeit, erneut durch die Orangerie. Der grosszügige Park, der heute mit vielseitigen Unterhaltungsmöglichkeiten aufwartet, war um 1800 zu Ehren der Kaiserin Joséphine, der ersten Gattin von Napoleon I, angelegt worden.

  

Am anderen Ende des Parks, unweit des Europaparlaments, kommt man durch ein Quartier mit zahlreichen noblen Residenzen der Parlamentsdelegationen aus den verschiedensten europäischen Staaten und mehreren Botschaftsgebäuden. Alles beeindruckende Villen mit grosszügigem Umschwung. Aufgefallen ist uns dabei die Villa Schutzenberger, eines der ersten Häuser Strassburgs im Stil des Art Nouveau, das am Ende des 19. Jahrhunderts für einen deutschen Bierbrauer erbaut worden war. Von der Strasse aus, durch einen eisernen Zaun geschützt, sticht es durch seinen italienisch wirkenden Stil und die reichhaltigen Verzierungen ins Auge. Nicht weit davon, etwas weniger distinguiert, lebt offensichtlich ein Landsmann von uns, mit sehr ausgeprägten heimatlichen Gefühlen. Ob er wohl die schweizerischen Interessen vor dem Europäischen Rat zu vertreten hat?

  

Wir gingen danach um drei Ecken weiter und kamen so zum Botanischen Garten. Der Winter ist zwar nicht gerade die ideale Jahreszeit für den Besuch einer solchen Anlage, trotzdem hat dieser sich wegen der schönen Ein- und Ausblicke gelohnt.

  

Gemeinsam mit Maria und Mende gingen wir ein paar Tage später - und diesmal nach Einbruch der Dunkelheit - erneut zum Weihnachtsmarkt im alten Gerberviertel Petite France.
Gleich zu Beginn stärkten wir uns mit einer Portion Glühwein, der uns etwas empfänglicher machte für den üppigen Lichterzauber des Marktes.

Längere Zeit schlenderten wir danach durch die aufwendig hergerichteten Quartiere, die sich mit vielfältigen Dekorationen bemühten, möglichst alle Besucher in Fest- und Kauflaune zu versetzen.
Unsere Ausgaben hielten sich trotzdem in Grenzen, dafür erholten wir uns beim Nachtessen mit einem traditionellen 'Flammekueche' (Elsässische Schreibweise!) von unseren Strapazen.

  

     

Nach Ablauf der obligatorischen sechs Monate seit unserer letzten Impfung erhielten wir den Bericht, dass nun auch wir für die Booster-Impfung an der Reihe waren. Wir zögerten nicht lange und machten einen kurzen Ausflug in die Schweiz, wo uns verzugslos und ohne Probleme unsere (vorläufig) letzte Dosis verabreicht wurde. In der Überzeugung, damit alle vernünftigen Vorkehrungen getroffen zu haben, konnten wir dem weiteren Verlauf der komplexen Geschichte entspannt entgegen sehen.

In der zweiten Monatshälfte wurde das Wetter winterlich kalt. In der Nacht fielen die Temperaturen deutlich unter Null und machten uns damit klar, wie gemütlich wir es in unserer kleinen Stube doch haben.

Auf diese Art verbrachten wir ein ruhiges und erbauliches Weihnachtsfest in kleinstem, aber gediegenem Rahmen. Die Grüsse, die nach und nach eintrudelten, hatten ihren Ursprung oft nur wenige Meter weiter den Ponton hinunter, oder kamen gar von anderen Kontinenten. So erlebten wir bei Kerzenlicht, einem feinen Essen und schöner Musik einen gemütlichen Abend.

Am 26. Dezember wurden wir von Eveline und Dave zu einem Anlass eingeladen, den wohl nur Leute kennen, die mit angelsächsischen Gebräuchen vertraut sind. Auf der l'Escapade trafen wir uns zum Boxingday mit all jenen Hafenbewohnern, die sich auf irgend eine Weise mit der englischen Krone verbunden fühlen. (Wie das 'mantelpiece' gehört der 'boxingday' zu jenen typisch britischen Begriffen, unter denen wir uns in der Schule im Englischunterricht gar nichts hatten vorstellen können.) Wir erlebten trotzdem ein paar gemütliche Stunden bei angeregten Diskussionen.

Tags darauf erreichte uns unerwartet eine Meldung am Telefon, dass Verena mit dem Kreuzfahrtschiff EDELWEISS jetzt unmittelbar in unserer Nähe angelegt hatte. Früher war sie längere Zeit zusammen mit ihrem Mann und ihrem Schiff Casco auf den Kanälen und Flüssen Frankreichs unterwegs gewesen. Nachdem ihr Ehemann vor ein paar Jahren verstorben ist, erinnert sie sich nun gerne ab und zu auf diese Weise an ihr glückliches, gemeinsames Leben auf dem Wasser. Wir liessen natürlich alles stehen und liegen und wollten die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, sie auf unserem Schiff zu einem kurzen Kaffee zu empfangen. Eine leicht verspätete, aber wahrhaftige Weihnachtsüberraschung!
Im April 2012 (siehe dort) spielten wir gemeinsam eine bescheidene Rolle als 'Filmstars' in St.Jean-de-Losne.

Zum Jahresabschluss möchten wir noch drei Links anfügen, die unser Leben im Hafen aus einer anderen Perspektive beleuchten. Der erste ist eine Zusammenfassung einiger besonderer Momente der vergangenen drei Monate, gekonnt zusammengesetzt von unserem Nachbarn Philippe von der Kava'Uvea.

Der zweite zeugt vom Leben von Angie und Boul von der ARJAN, die gerade neben uns liegt. Zwei Leute, die auf recht ungewöhnliche Weise ihren Lebensunterhalt verdienen. Jedes Gespräch mit ihnen kommt für uns wie aus einer anderen Welt und ist damit eine Bereicherung.

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Und kurz vor Ende des Jahres hat uns noch ein Neujahrswunsch aus Neustrelitz erreicht. Vor gut vier Jahren (mehr Hintergrund siehe September 2017) hatten wir dort Brunhilde und Uwe getroffen und waren ganz begeistert von ihrem aussergewöhnlichen Schiff 'Es grüβt der Lenz'. Zu unserer Freude war diesem Gruss ein kleiner Film angefügt, der belegt, dass alle drei seither immer gut aufeinander aufgepasst haben und dass darum alle drei bis heute ein zufriedenes und glückliches Leben führen. Eine schöne Nachricht zum Jahresende, die wir gerne hier anfügen.

 

Damit wünschen wir allen Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr
und trotz der ungewissen Prognosen
um uns herum und auf der ganzen Welt
ein 2022
mit möglichst wenig Sorgen und Ärger,
dafür mit stabiler, unverwüstlicher Gesundheit!
Matz und Hansruedi

 

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