Mai 2023
|
Die ersten Tage des Monats Mai verbrachte Matz in Berlin, wo sie sich mit einer Freundin aus der gemeinsamen Studienzeit traf. Ihren Ausflug hatten die beiden von langer Hand vorbereitet und das Wetterglück begleitete sie während ihres ganzen Aufenthalts in der Deutschen Hauptstadt. Matz brachte einen Schatz Erinnerungen mit, den sie sich während des Winters 2016/17 zugelegt hatte, in dem wir von November bis März in Berlin-Neukölln eine kleine Wohnung gemietet hatten (siehe unsere Berichte dazu). Dabei hatten wir die Stadt vertiefter kennen gelernt, als das bei einem kurzen Besuch möglich gewesen wäre. Noch einmal aus einer ganz anderen Perspektive hatte sich uns Berlin gezeigt, während der beiden Sommer davor und danach, wo wir mit dem Schiff mehrfach an fast allen öffentlichen Anlegestellen festgemacht hatten und jeweils so lange verweilten, wie es die Polizei erlaubte.
Über ihren Ausflug nach Berlin berichtet Matz selber.
Da der Flug am Sonntagmorgen um 8.40 Uhr startete und zu dieser Zeit
leider noch kein Zug von Enkhuizen nach Amsterdam fuhr (kleiner
Planungsfehler), musste ich mich von einem Taxi um 5.45 Uhr abholen
lassen.
Danach klappte alles, dank online Check-in und vorgebuchtem Security-Slot,
wie am Schnürchen. Nach einem einstündigen Flug landete der
KLM-Cityhopper in Berlin. Von dort ging es mit Andrea, die zur gleichen
Zeit aus Zürich ankam, nach Berlin-Mitte zu unserem Hotel.
Kurz danach standen wir vor dem Brandenburger Tor (Selfie durfte nicht
fehlen!), dem Bundestag und schlenderten vom Kanzleramt der Spree
entlang zur Anlegestelle Friedrichstrasse.
Bei einer Busfahrt mit dem 100er, der an den meisten der Sehenswürdigkeiten vorbeifährt, stiegen wir bei den Nordischen Botschaften aus, um ein 'Flügelfoto' vor der mexikanischen Botschaft zu machen.
Ein Höhepunkt im wahrsten Sinne des Wortes gönnten wir uns am Dienstagmorgen mit einem 'Highest Breakfast', einem Zmorge im Drehrestaurant des Fernsehturms am Alexanderplatz. Dabei erhielten wir in den zugestandenen eineinhalb Stunden genügend Zeit, für eine dreimalige Rundumsicht über Berlin. Dass dabei auch noch das Wetter mitspielte, das war super!
Es waren schöne vier Tage, danke Andrea, und das nächste Mal dann hoffentlich mit der ganzen PH-Girls Gruppe!
Nachdem Matz aufs Schiff zurückgekehrt war, blieben wir noch drei Tage in
Enkhuizen. Wir genossen während dieser Zeit das Leben in der Stadt, die sich mit
Fug und Recht Touristenort und Hafenstadt nennen darf. Es tummeln sich
während des Tages wahrscheinlich ebenso viele Touristen, die als
Passagiere mit einem der grossen Kreuzfahrtschiffe angekommen sind, wie
Tagesgäste, die mit dem eigenen Boot anreisen.
Unser Anlegeplatz, gleich bei der Einfahrt zum Buitenhaven,
lieferte uns das Kommen und Gehen im Hafen 'frei Haus'! Das blieb immer
spannend, wegen der ganz unterschiedlichen Schiffsarten, die
paradengleich ein-
und ausfuhren. Ganz besonders prächtig kamen dabei die verschiedenen
alten Segler zur Geltung, die genau so intensiv gepflegt wie benutzt
werden.
In dieser Umgebung fiel es gar nicht schwer, sich um hundert Jahre in der Zeit zurückversetzt zu fühlen.
Danach brauchten wir uns lediglich umzudrehen und schon standen wir vor einem der
bekanntesten Wahrzeichen von Enkhuizen: dem Drommedaris.
Ein mächtiges Gebäude, das um 1540 erbaut worden war, damit man von
seinen Schiessscharten aus die wichtige Hafeneinfahrt schützen konnte. Gleichzeitig
diente es als beeindruckendes Eingangstor zur Stadt. Daran
lässt sich erahnen, welche Bedeutung die Schifffahrt für das Land zu dieser Zeit
hatte und wieviel Geld sich schon damals mit dem weltweiten Handel verdienen
liess.
Während die beiden Türme später als Kaserne und dann gar als Gefängnis benutzt wurden,
dienen sie heute als Bühne für kulturelle
Veranstaltungen. Geblieben ist der Eindruck von Weltoffenheit und
Selbstvertrauen, den die zwei schon durch ihre wuchtige Präsenz verkörpern. Eigenschaften, die
nach unserem Empfinden heute
noch die holländische Volksseele prägen.
Enkhuizen wird von mehreren kleinen Kanälen zerschnitten, die viel
Licht und Luft zwischen die Häuserreihen bringen. Zugleich sind die anstossenden Grundstücke mit
einem kleinen Schiff einfach zu erreichen. An diesen 'Wasserstrassen'
lässt sich zweifellos vorzüglich wohnen, ohne dass die Lage
ausserordentlich privilegiert zu sein scheint. Natürlich hat die Stadt
noch andere Sehenswürdigkeiten zu bieten, wie etwa die
Zuiderkerk oder das
Zuiderzee-Museum.
Dieses berichtet eindrücklich über die Zeit, als die Zuiderzee noch Teil
des offenen Meeres war, bevor sie durch den 32 km langen Abschlussdeich
von der Nordsee abgetrennt und so zum IJsselmeer wurde. (Beachte: deutsch Meer, holländisch = Zee;
deutsch See, holländisch = Meer !)
Selbstredend hat sich mit diesem Umbau der Umwelt auch das Leben der
ansässigen Bevölkerung grundlegend verändert.
Überall, entlang der Kanäle und selbst in den kleinsten Gärten, spriesst üppiges Grün.
Endlich war es richtig Frühling geworden.
Eigentlich war es ein nichtiger Anlass, der uns bewog, einen kurzen
Abstecher nach Hoorn zu machen. Wir brauchten ein paar
Informationen zu Sachen, die auf unserer Einkaufsliste für den Unterhalt
der Mizar standen. Neue Leinen, Farben, Schrauben usw. Alles, was man
auf einem fast 100-jährigen Schiff halt so
braucht. Der Besitzer einer grossen Tjalk im Hafen von Enkhuizen, der
uns geholfen hatte unsere alten Seile zu spleissen, hat uns
auf einen entsprechenden Laden in Hoorn verwiesen. Darum sind wir mit
der Eisenbahn dorthin gefahren.
Die Stadt Hoorn
leistete einen grossen Anteil an die Entwicklung der Schifffahrt in Holland.
Sie beherbergte bereits im 17. Jh den Sitz der
Vereinigten Ostindischen Companie (VOC), der berühmten
Handelsgesellschaft, welche die Seefahrten der Holländer in die ganze Welt
organisierte. So war es auch ein Kapitän aus Hoorn, der 1616 die Südspitze von
Südamerika
nach seiner Vaterstadt 'Kap Hoorn' getauft hatte.
Die Stadt kannten wir selber allerdings
schon ein wenig, waren wir doch im Dezember 2014 (siehe dort)
zusammen mit unserer Tochter und unserem heutigen Schwiegersohn hier zu
Besuch. Es war also auch spannend zu sehen, was sich in der Zwischenzeit
getan hatte.
Vieles hat sich kaum verändert, manches ist sogar genau gleich geblieben.
Der erwähnte Schiffereiladen ATALANTE ist auf zwei Schiffen zu Hause und entpuppte sich als echte Zauberkiste. Es war genug vorhanden, eine ganze Armada von Schiffen auszurüsten, nur fehlten die Farben, nach denen wir gesucht hatten!
Im Zentrum der Stadt entdeckten wir einen Fischreiher, der offenbar jeden Tag vor dem Haus seines menschlichen Freundes geduldig auf eine Ration Fisch wartet und sich weder von Passanten noch von deren Hunden stören lässt.
Aus Unachtsamkeit verpassten wir leider die Gelegenheit zu einer Fahrt auf der schönen, historischen Dampfbahn von Hoorn nach Medemblik (Museumstoomtram). Statt mit dieser waren wir mit der normalen Eisenbahn nach Hoorn gefahren! Aber wir werden das bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit ganz bestimmt nachholen.
Zwei Tage später fuhren wir in Enkhuizen ab, nachdem wir die höchste Liegegebühr beglichen hatten, die je von uns verlangt worden war (mit Ausnahme von Winterliegegebühren natürlich). € 2.20 pro Meter Schiffslänge und € 2.60 Touristentaxe/Person für eine Nacht. Ein Blick zurück auf den Hafen, der für zehn Tage unser Zuhause war. Kurz danach kamen wir am Compagnieshaven vorbei, einem der grossen Yachthäfen der Stadt. Dort warten all die Yachten darauf, dass ihre Besitzer wenigstens über das Wochenende mit ihnen ausfahren. Draussen auf dem IJsselmeer begegneten wir einem stolzen Dreimaster, mit dem bestimmt ebenso viele Träume wie Passagiere mitfahren. Nach etwa drei Stunden fuhren wir in den Hafen von Medemblik ein, wo wir unseren ersten Halt einlegten.
Zwei Schleusen hatten wir bei der Weiterfahrt zu passieren, mit deren Hilfe wir uns fast 8 Meter nach unten bewegten, um auf das Niveau der Landfläche vor uns zu gelangen.
Für uns war es nur schwer vorstellbar, dass das weite Land vor uns so tief unter dem
Meeresspiegel liegt und darum durch Dämme zuverlässig geschützt werden muss.
Es blieb ein eigenartiges Gefühl beim Gedanken, dass mehr als die Hälfte aller Holländer
auf Land lebt, das tiefer als der
Meeresspiegel liegt. Wir wunderten uns, dass sie trotzdem alle ruhig
schlafen können. Vielleicht ist das aber auch eine Erklärung dafür, dass
beinahe jeder hier ein eigenes Schiff besitzt.
Ein grosser Teil dieses Landes wird intensiv landwirtschaftlich genutzt.
Weil andauernd Wasser, das ja nicht einfach so abfliessen kann, mitsamt
allen Rückständen aus der intensiven
Landwirtschaft vom Land ins
Meer hinauf gepumpt werden muss, werden Pestizide und Herbizide sowie
überschüssiger Dünger unkontrolliert und über alle Grenzen hinweg in die Natur abgegeben.
Das schadet nicht nur den Tieren und Pflanzen, die wir alle sehen,
sondern auch den Kleinstlebewesen im Boden, die wir normalerweise nicht
sehen. Ein Keulenschlag für die Artenvielfalt.
Darum haben
wir uns
riesig gefreut, als wir Fasane
antrafen, die
offensichtlich mit diesen Verhältnissen zurecht kommen. Die
Tulpenfelder in unmittelbarer Nähe betrachteten wir aus einer
speziellen Perspektive.
Etwas ausserhalb von Medemblik sind wir an einer riesigen Anlage von hohen Glas-Gewächshäusern
vorbeigekommen. Sie war kaum zu fotografieren, weil sie von unserem
Standpunkt aus zumeist hinter Bäumen versteckt blieb und sich über mehrere km² erstreckte. Die gewaltigen Silos, kilometerlangen Solaranlagen und endlosen
Gewächshäuser waren schlicht nicht auf ein Bild zu bringen. Unter dem Namen 'Royal
Pride' fanden wir später den entsprechenden Betrieb im Internet und es zeigte sich,
dass hier von verschiedenen Unternehmen gemeinsam echt moderne Landwirtschaft
betrieben wird. Auf einer Fläche von mehreren Hundert ha reifen
tausende Tonnen
von Tomaten, Peperoni und Gurken und so vieles mehr. Alles unter Dach. Gemüseanbau in
BIO-Qualität mit allen denkbaren ökologischen Vorkehrungen! Dank
vollständig geschlossener Kreisläufe gelangen keinerlei Schadstoffe in
die Umwelt. Und diese sagt dafür danke.
Erfreulicherweise einmal Taten statt Worte: Landwirtschaft der Zukunft,
unromantisch aber nachhaltig!
Trotzdem müssen wir uns fragen, ob wir das wirklich wollen.
So fuhren wir auf der Westfriesischen Vaart Richtung
Middenmeer, wo wir zunächst gegen Westen weiterfuhren
um kurz vor Kolhorn zur Westfriesischen Schleuse
zu kommen, die uns um gut drei Meter anhob. Erst damit wurde der Weg
frei auf dem
Waartkanaal Richtung Norden. Dort fanden
wir in der Nähe eines Kehrplatzes eine Marrekriten-Anlegestelle, die uns
wie gerufen kam. Wir machten fest und blieben für drei Tage. Wir
fühlten uns gut, weil das Wetter gut war und wir uneingeschränkt den
verschiedenen Vogelarten zuschauen konnten. Jeden Tag kamen höchstens ein oder zwei
Schiffe vorbei und wir konnten endlich in Ruhe mit dem Wasser vom Kanal das Schiff von den letzten grauen Spuren des vergangenen Winters befreien.
Für
ein paar kleine Stellen griffen wir auch zu Schleifpapier, Pinsel und Farbbüchse.
Damit bekämpften wir verschiedene kleine Rostflecken. Der
richtige Neuanstrich muss noch etwas warten, da wir ja in Hoorn
die entsprechende Farbe nicht bekommen haben.
Nach dieser Zeit fuhren wir weiter Richtung Norden und kamen nach kurzer
Fahrt ins Amstelmeer.
Wer bis hierher gelesen hat,
weiss jetzt mit den sprachlichen Tücken von 'Meer' und 'Zee' umzugehen.
Das macht auch klar, warum es nur eine kurze Fahrt auf dem Amstelmeer war, bis wir in den Balgzandkanaal einbogen, auf dem wir, einem kräftigen Damm auf der Steuerbordseite folgend, nach Den Helder weiterfuhren. Dieser Damm schützte uns zuverlässig vom rund vier Meter höher liegenden Wasser der Waddenzee.
In Den Helder machten wir an der Flaneerkade fest, nur ein paar Fussminuten weg vom Stadtzentrum. An diesem Tag fand gerade ein Rennen von kleinen Solarbooten statt, deren Besitzer mit Verve um einen guten Platz kämpften. Für Holländer viel wichtiger ist jedoch, wie wir inzwischen bei verschiedenen Anlässen gelernt haben, die 'gezelligheid'. Hinter der finden sich dann die wahren Akteure erst im zweiten Rang.
Am Tag darauf nahmen wir wieder einmal unsere Drahtesel vom Schiff und fuhren
damit zur Fähre nach Texel.
Texel ist die westlichste der Westfriesischen Inseln,
welche die Waddenzee von der offenen Nordsee abgrenzen.
Der Verkehr mit dem Festland ist intensiv. Daher fahren zwei Fährschiffe im Halbstundentakt und treffen sich jedes Mal auf halbem
Weg.
Die Insel ist holländisch und entsprechend gibt es unendlich viele Fahrräder. Die fahren rasch und effizient nach dem Knotenpunkt-System (Knooppuntenkaart), das wir im Juli 2022 (siehe dort) ausführlich erklärt haben.
Wir machten mit und erkundeten die Insel während einer kleinen Rundfahrt von einem Punkt zum nächsten.
Etwas mehr Zeit verbrachten wir im Maritiem- en Juttersmuseum
(Jutter=Strandräuber)
bei dem wir uns bis zum Schluss nicht ganz klar wurden, ob es wirklich
ernst gemeint ist. Natürlich kann man hier viel über Schifffahrt lernen, wenn
man denn will, aber man lernt eher mehr darüber, was vom Wasser alles an
den Strand gespült wird, das, sei es gewollt oder nicht, irgendwo und
irgendwann ins Wasser gelangt ist.
Und dabei lernt man vielleicht etwas mehr über die Menschen als über die
Schifffahrt.
Beeindruckend war der Besuch im Inneren eines Freifall-Rettungsbootes,
das für 100 (!) Leute ausgelegt ist. Verwendet wird dieses Rettungsgerät vorwiegend auf
Frachtschiffen, aber auch auf Bohrinseln.
Es muss ein beengendes Gefühl sein, sollte das Boot im Ernstfall
wirklich voll besetzt sein und aus einigen Metern Höhe einfach ins Wasser
plumpsen. Ab dann ist Vertrauen in den Steuermann gefragt.
Auf dem Heimweg, irgendwo zwischen zwei Knooppunten, stach uns auf einer längeren Strecke wiederholt das Gefleckte Knabenkraut (Dactylorhiza maculata) in die Augen, eine heimische Orchidee, die hier davon profitiert, dass die Äcker nicht bis an den Strassenrand reichen und dieser darum nicht gedüngt wird!
Vier Tage haben wir in Den Helder verbracht und sind danach zunächst einmal auf dem gleichen Weg zurückgefahren, auf dem wir gekommen waren. Wir kreuzten erneut das Amstelmeer und folgten dann dem Waartkanaal. Diesmal allerdings Richtung Süden. Da die Marrekriten-Anlegestelle wiederum frei war, an der wir schon vor etwas mehr als einer Woche gelegen hatten, machten wir auch jetzt wieder fest und genossen die Ruhe und Abgeschiedenheit. Weil das Auffahrtswochenende anstand, hatte es etwas mehr Freizeitverkehr, doch das tat unserem Vergnügen keinen Abbruch. Genau das ist doch die grosse Freiheit des Lebens auf dem Wasser, die wir nun schon einige Zeit geniessen: auch ungeplant irgendwo anhalten zu können, wo die Dinge gerade richtig stehen und zu geniessen, was das Leben so mit sich bringt.
Wiederum beobachteten wir die vielen Vögel und ihre erstaunlichen Flugkünste. Da
es die ganze Zeit stark windete, waren diese meist anspruchsvoll
oder gar abenteuerlich. Verschiedene Wasservögel waren auch diesmal mit ihren Jungen
unterwegs und wir konnten uns kaum satt sehen an den meist putzigen, kleinen
Federbällchen. Haubentaucher mit aufgestelltem Federschmuck vergnügten sich
paarweise bei einem komplizierten, aber sehr rituellen Verlobungstanz. Dieser
ist an Innigkeit und
Hingabe kaum zu überbieten. Er muss die beiden aber fit machen für ein ganzes
Leben zu zweit!
Wirklich wichtig ist, dass auch die Eltern ihre Jungen herzig finden. Offenbar kein Problem
bei Blesshühnern, deren Kücken es bei einem Schönheitswettbewerb wahrscheinlich
schwer hätten.
Während all dem versuchten wir, unser Programm für diese Saison etwas genauer festzulegen. Weil verschiedene Komponenten unseres Erneuerungsprogramms nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen würden, suchten wir nach Alternativen zu unserem Besuch in der Museumswerft in Vreeswijk. Dabei zogen wir auch in Betracht, allenfalls bereits in diesem Sommer Richtung Deutschland zu fahren. Es macht für uns wenig Sinn, das Schiff aus dem Wasser zu nehmen, wenn wir damit rechnen müssen, nicht alle notwendigen Arbeiten erledigen zu können.
Aber wir waren ja trotz allem unterwegs und fuhren gemächlich Richtung Süden. Da und dort machten wir Halt und blieben für einen oder gar zwei Tage, wenn es uns gefiel.
Nach fünf Tagen fuhren wir in den Hafen von Alkmaar ein. Das war für uns kein Neuland, waren wir doch schon im Juni 2015 (siehe dort) für ein paar Tage hier.
Alkmaar wird allen Vorstellungen gerecht, die man sich
gemeinhin von Holland macht. Brücken, Kanäle, Windmühlen, Blumen, bodenständige
und dennoch weltoffene Leute. Die Stadt lädt zum Flanieren ein und wer dabei müde
wird, findet überall eine Gelegenheit, es sich bequem zu machen und sich nach
Lust und Laune verwöhnen zu lassen. Lebensfreude scheint hier die
Hauptfreizeitbeschäftigung der Holländer zu sein.
Wir hatten das Gefühl, dass hier die Zeit etwas stehen geblieben ist. Vielleicht ist das kein Zufall,
da Alkmaar 1573 als erste Holländische Stadt die langjährige Besetzung durch
spanische Truppen abgeschüttelt hat und damit das Ende des 80-jährigen
Holländisch-Spanischen Krieges einläutete.
So verloren hier die Habsburger, welche damals die Spanische Krone trugen, ihre
Macht und die nördlichen Provinzen von Holland schieden aus dem Heiligen
Römischen Reich aus. Weil das Geld nun in die eigenen Taschen floss und dort
blieb, blühte rasch ein reger Handel auf, vor allem mit Salz, Bier, Fisch und
Käse. Die Stadt wurde damit rasch reich und die Bevölkerung feiert heute noch jedes Jahr diesen Erfolg mit einem
grossen Fest am 8.
Oktober.
(Die südlichen, vorwiegend katholischen Provinzen brauchten etwas länger, sich von der Herrschaft der
Spanier zu befreien. Erst als Folge des Wiener Kongresses schlossen sie sich
1830 zum heutigen Belgien zusammen.)
Ganz sicher nicht verpassen darf man den wöchentlichen Käsemarkt von Alkmaar!
Für das folgende Wochenende mussten wir unseren Anlegeplatz wechseln, dorthin, wo zuvor das Mutterschiff der Wasserpfadi gelegen hatte. Denn am 27. Mai war Schlusstag der einwöchigen Veranstaltung Gay Pride Alkmaar 2023. Die Wasserpfadi war während dieser Zeit zu einer Übung weggefahren.
Mit dem Wechsel machten wir allerdings ein gutes Geschäft, lagen wir doch danach auf einem der allerbesten Tribühnenplätze.
Für einmal hatten wir den Überblick ...
... und aus nächster Nähe betrachteten wir das bunte Treiben.
Die ganze Bevölkerung war an diesem Tag auf den Beinen, säumte die Ufer entlang der
Kanäle oder tanzte in den 27 bunt
geschmückten Booten zu lebensfroher Musik.
Am Abend waren wir erstaunt, dass bereits um neun Uhr vollkommene Ruhe
einkehrte und die Stadt kurze Zeit später sogar völlig menschenleer erschien.
Auf YouTube findet sich
hier eine kurze Zusammenfassung der Parade .
An Pfingsten war das Wetter schön und verführte uns einmal mehr zu einem
Spaziergang durch die Stadt. Die Stimmung war prächtig und verlockte auch andere
Ausflügler, das Gleiche zu tun.
Beim 'IJssalon De Mient', dem bekanntesten Glaceladen der
Stadt, waren die Warteschlangen lang, obschon man auch vom Boot aus die süssen
Schleckereien bestellen kann. Man läutet dazu einfach die Glocke am Kanalrand
und schon werden die Wünsche vom Kellner gleich dort
entgegengenommen und nach kürzester Zeit auch dort geliefert.
Wir wählten einen etwas bequemeren Weg und genossen die Szenerie von der Terrasse aus, die direkt auf der Brücke über den Kanal liegt.
In der Zwischenzeit hat auch unsere Planung für diese Saison etwas konkretere
Formen angenommen. Wir werden unsere Reiseroute so gestalten, dass wir gegen
Ende September in Haren sein werden. Die Stadt liegt am Ende
des Haren-Rütenbrock-Kanals
an der Ems. Dort haben wir im Hafen einen Winterliegeplatz für unsere
Mizar reserviert.
Wir waren schon im Oktober 2015 (siehe dort) für ein paar Tage in diesem Hafen
und hatten damals bei der Anfahrt einige Probleme mit den Öffnungszeiten des Kanals.
Diesmal werden wir uns vorsehen und uns rechtzeitig anmelden.
> Monat Mai 2023:
-
20h 50'
- 7 Schleuse
- 16 Brücken
- 129 km