Oktober 2023     

 In Haren waren wir ja auch schon einmal. Im Oktober 2015 (siehe dort). Nur waren wir damals nach ein paar Tagen weitergefahren, die Ems hinunter, durch die Schleuse von Herbrum bis nach Leer.

Diesmal aber waren wir gekommen um zu bleiben. Wenigstens für diesen Winter. Dass wir diesen Text nicht schon vor einem Jahr schreiben konnten, wie es ursprünglich geplant war, ist dem ausserordentlich tiefen Wasserstand im letzten Sommer anzulasten. Die Wassertiefe im Kanal, der von Holland hierher führt, wurde damals offiziell mit lediglich 1,2 Meter angegeben. Das wollten wir unserer Mizar nicht zumuten. Wir hatten darum unser Programm umgestellt und einen Winterplatz in Terherne gefunden (siehe September und Oktober 2022).
Für dieses Jahr war uns nach einem langen Hin und Her zugesichert worden, dass die Wassertiefe mindestens 1,5 Meter betragen würde. Trotzdem haben wir während unserer Fahrt durch den Haren-Rütenbrock Kanal zwei Mal eine unangenehme Grundberührung erlebt. Der Entscheid vor einem Jahr war also mehr als berechtigt gewesen.

Unseren Winter-Liegeplatz im neuen Yachthafen von Haren (Nr 12 in der Karte) hatten wir schon vor Monaten reserviert und unsere Ankunft am Tag zuvor angekündet. Trotzdem war der einzige Steg im Hafen, der für unser Schiff geeignet ist, bei unserer Ankunft belegt. Nach der Einfahrt von der Ems her mussten wir zuerst zwei Schiffe umplatzieren lassen, bevor wir endlich anlegen konnten. Bei starkem Wind und den eher beschränkten Raumverhältnissen eine etwas unangenehme Situation. Bei diesem Manöver ist unglücklicherweise unser Flaggenmast zu Bruch gegangen.

Die Bilder, zwei Tage später aufgenommen, zeigen unsere Lage, wie wir sie eigentlich gerne von Anfang an gehabt hätten. Nur fehlt leider die Schweizer Flagge.

 

Haren (Ems) liegt zwar rund 100 km vom Meer entfernt und nur 9 Meter darüber. Es ist trotzdem eine ausgesprochene Schifferstadt. Zwanzig Reedereien haben heute hier ihren Geschäftssitz und betreuen von hier aus rund 170 Hochsee- und Küstenschiffe. Dazu kommen 50 grosse Binnenschiffe, die zumeist auf der Ems verkehren. Diese alle bezeichnen Haren als ihren Heimathafen. Die Stadt gehört damit zu den grössten Schifffahrtsstandorten Deutschlands. Einige Familiennamen, wie Schepers, Wessels, Lohmann, Held und Kötter kommen in der Gegend auffällig häufig vor. Sie alle beziehen sich auf erfolgreiche Reederfamilien, die teilweise seit mehreren hundert Jahren hier mit ihrem Geschäft tätig sind. Man begegnet ihnen überall und ihre beeindruckenden Häuser in Hafennähe zeugen vom nachhaltigen Erfolg. Dieser war allerdings, wie so oft im Leben, nicht ohne gelegentliche harte Rückschläge zu haben. Diese trafen vor allem die zu Hause gebliebenen. Für ihr Leiden steht dieses Denkmal.

 Aber das Schifffahrtsmuseum verweist stolz auf die lange Geschichte der Stadt und besitzt mehrere historische Schiffe, die entlang des Kanals festgemacht sind.

Wir hatten bescheidenere Ansprüche und suchten in erster Linie einen sicheren Platz, wo unser Schiff den Winter über ungestört liegen kann. Möglichst in eisfreiem Gewässer. Dazu Betriebe, mit deren Hilfe wir einige Unterhaltsarbeiten erledigen wollen.

Schon am nächsten Tag legte hinter uns die schöne Hendrika Johanna an, gesteuert von ihren Besitzern Ute und Stefan. Die Beiden hatten ihr Schiff vor wenigen Jahren in St.Jean-de-Losne gekauft und es ist, wie unsere Mizar, in Lyon (F) registriert. Natürlich ergab sich rasch ein gemütlicher Schwatz in unserem Steuerhaus, wo wir unsere Erfahrungen austauschten. Sie hatten aber andere Pläne und reisten am nächsten Tag weiter.

   

Weil wir so nahe bei Leer waren, nutzten wir die Gelegenheit, Annette und René zu einem Besuch einzuladen. Vor Jahren hatten sie mit ihrer Saudade längere Reisen unternommen und wir haben schon mehrfach an dieser Stelle darüber berichtet (siehe u.a. auch September 2023). Nach einen kleinen Aperitif auf der Mizar, gingen wir zusammen für das Mittagessen 'zum Italiener', wie man das in Deutschland üblicherweise so nennt.

 

Die verbleibende Zeit verbrachten wir gemütlich und entspannt, besorgten uns nach und nach alles, was wir für die Einwinterung der Mizar benötigten und plauderten noch mehrmals über unsere Erlebnisse während dieser Saison. Obschon wir so manche Ziele, die wir uns vorgenommen hatten, aus unterschiedlichen Gründen nicht erreicht haben, waren wir bei diesem Rückblick sehr zufrieden. Wenn wir auch nichts Weltbewegendes erlebt haben, bewegte sich die Welt in dieser Zeit dafür umso mehr. Sogar viel mehr als uns lieb sein kann. Wir haben derweil immerhin unzählige schöne und gemütliche Stunden erlebt. Viele davon an Orten, die so schön und eindrücklich sind, dass sie sich ohne weiteres vergleichen lassen mit jenen, die in unserer Heimat regelmässig von geübten Bergsteigern aufgesucht werden. Nur müssen diese deutlich grössere Anstrengungen auf sich nehmen, bevor sie sich an ihrem Ziel zufrieden niederlassen können.

Einmal hat uns unsere jüngste Vergangenheit noch eingeholt. Holland ist uns offensichtlich auf der Strasse nachgereist, denn zahllose Händler boten auf dem Holland-Markt in Haren Spezialitäten ihrer Heimat den deutschen Kunden an. Offensichtlich mit durchschlagendem Erfolg, denn die Käufer kamen zahlreich. Damit sich das Geldaugeben etwas gemütlicher anfühlte, war auch noch eine holländische Musikgruppe mitgekommen, die für ausreichend Gezelligheid sorgte. Daneben versuchten sie offensichtlich, das Leben der Leute im Gastland etwas zu versüssen.

   

Während unserer letzten Tage in Haren bereiteten wir nach und nach die Mizar auf den Winter vor. Wir zurrten alles fest, was allfällige Stürme würden wegreissen können. Im Innerern des Schiffs sorgten wir mit Frostschutzmittel dafür, dass die zu erwartenden tiefen Temperaturen keine Schäden anrichten können. Dass keine Ventile platzen und keine Pumpen undicht werden. Erst ganz zuletzt sicherten wir die Nespresso-Maschine. Zuvor hatten wir systematisch und erfolgreich den Kühlschrank leergegessen.
Für die letzten drei Nächte vor der Abreise mit dem Zug haben wir uns in einem Hotel einquartiert, um den zunehmenden Inkonvenienzen auf dem Schiff auszuweichen. Einen Reservetag für Unvorhergesehenes hatten wir dabei auch noch eingeplant.
Doch erst der nächste Frühling wird dann zeigen, ob wir wirklich für alle Eventualitäten vorgesorgt haben.

  

Mit Bus und Zug sind wir dann einen ganzen Tag lang bis nach Zürich gefahren, wo wir gerne wieder einmal all jene Leute treffen möchten, die wir während unserer Abwesenheit doch gelegentlich vermissen. Weil wir für diesen Winter keine grösseren Ausflüge geplant haben, erwartet uns wohl ein eher ruhiges Leben.

 

Am letzten Wochenende im Oktober war in Freiburg im Breisgau, wie jedes Jahr, der holländische Stoffmarkt zu Besuch.
Matz hatte schon vor einiger Zeit mit einer Freundin beschlossen, diese Gelegenheit nicht zu verpassen, weil dabei Nützliches mit dem Angenehmen verbunden werden kann. Auf dem grossen Markt das 'Rohmaterial' für ihre Näharbeiten bei grosser Auswahl zu attraktiven Preisen kaufen zu können und gleichzeitig zwei entspannte Tage zu verbringen, bot genau das.
Das Wetter meinte es mehr oder weniger gut (es regnete wenigstens nicht) und der Samstagnachmittag in der Stadt verging wie im Flug.

  

  

Sonntags wirkt Freiburg, wie so viele deutsche Orte, allerdings vollkommen ausgestorben! Alles ist zu und die Strassen bleiben leer. Daher haben Matz und ihre Freundin Sandra beschlossen, Maria und Mende auf ihrer Constanta einen Besuch abzustatten. Für ihr Schiff hatten die zwei einen Winter-Liegeplatz in Colmar reserviert und befanden sich aktuell auf dem Weg dorthin. Das war das erste Treffen seit unserem gemeinsamen Winteraufenthalt 2021/22 im Hafen von Strassburg (siehe Dezember 2021).
Es war nach fast zwei Jahren ein schönes Wiedersehen mit interessanten Gesprächen und viel Informationsaustausch über gemeinsame Bekannte, die ebenfalls mit ihren Schiffen unterwegs sind.

Danach war es nur noch eine kurze Fahrt nach Colmar, wo trotz regnerisch-stürmischem Wetter viele Touristen aus aller Welt durch die attraktive Stadt pilgerten.

     

Der Besuch musste natürlich mit einem Flammkuchen abgeschlossen werden, bevor die Heimreise angetreten wurde.
Ein schönes Wochenende ging damit erfolgreich zu Ende.

Mit vorwiegend regnerischem Wetter und zwischendurch stürmischem Wind, der das immer mehr braun und schmutzig werdende Herbstlaub durch die Gegend blies, verabschiedete sich mit diesem Monat auch unsere diesjährige Fahrsaison.
Für die Statistik rechneten wir die Zahlen zusammen, welche unsere Schifffahrt dieses Jahres ganz emotionslos zusammenfassen.

Danach warteten wir geduldig darauf, was uns die kommenden Wintermonate bescheren werden. Ganz entspannt konnten wir darum an all den üppigen Geschenksideen vorbeigehen, von denen die Gestelle in den Ladengeschäften schon jetzt überquellen.
Bis zum geschäftstüchtigen Grossanlass dauert es ja noch eine ganze Weile. Mit Weihnachten hat er allerdings schon lange nicht mehr viel zu tun.

 

>  Total 2023:

- 112h35'
- 35 Schleusen
- 118 Brücken
- 608 km

 > Total seit 2009:

- 2870 Schleusen
- 700 Brücken
- 12'592 km

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