Februar 2024 |
Bereits in den ersten Tagen des Monats wurde unsere Bereitschaft, sich verändernden Bedingungen anzupassen, auf eine neue Probe gestellt. Im letzten Herbst hatte sich uns über die bewährte Website Trusted Housesitters die Möglichkeit ergeben, ganz in der Nähe von Haren, wo unsere Mizar den Winter verbrachte, während zwei Wochen zwei kleine Hunde zu hüten. Für die betreffende Familie hätte sich damit die Möglichkeit ergeben, ganz unbeschwert und sorglos ihre Ferien zu geniessen, im Wissen, dass ihre Hunde derweil in guter Obhut waren. Neben unserer aufmerksamen Sorge für die zwei Vierbeiner hätten wir in in dieser Zeit die Mizar aus dem Winterschlaf zurückholen und sie für eine neue Saison bereit machen können.
Wie so oft, kam aber alles anders, denn veränderte Umstände zwangen die
Familie, ihre Ferien abzusagen.
Aber dank Internet und den entsprechenden Anbietern liess sich dieses
Problem rasch lösen und wir betrachteten die Erfahrung als gutes Omen
für die kommende Zeit.
Aber zuvor gab es noch einiges in der 'alten' Heimat zu tun. Unterhaltsarbeiten am Haus und Besuche bei Freunden und Familie liessen keine Langeweile aufkommen.
Besondere Freude machte uns das schon fast traditionelle Treffen mit Monika und Hans, die wir diesmal zusammen mit ihrem Chico in Lenzburg zu einem Mittagessen und einem darauf folgenden Spaziergang trafen. Das letzte Mal hatten wir uns im März 2023 (siehe dort) gesehen und seither hat sich doch einiges an Gesprächsstoff angesammelt.
Am Sonntag darauf war Fasnacht in Bassersdorf, eine gute Gelegenheit, die Drachenkostüme, die Matz im letzten Dezember für unsere Enkel genäht hat(siehe Dezember 2023), im Ernstfall zu testen.
Die Profis spielten natürlich in einer anderen Liga und machten mit ihrem furchterregenden Aussehen gelegentlich sogar unseren Drachen etwas Angst.
Und dann kam er schliesslich doch, der Tag unserer Abreise aus der Schweiz Richtung
Haren. Die erste Nacht verbrachten wir in Heidelberg,
die Stadt am Neckar mit der wohl berühmtesten Burgruine
und die Innbegriff aller romantischen Vorstellungen ist. Es ist kein Zufall, dass hier auch
eine der ältesten Universitäten des deutschsprachigen
Raumes steht. Bereits im Jahr 1386 wurde sie als Ruprecht Karls
Universität gegründet und es ist darum auch nicht verwunderlich, dass die
Stadt mit solch langer studentischer Tradition heute von bierseliger Laune
überquillt.
Überragt wird die Altstadt von der Ruine des Schlosses, das im Laufe des 30-jährigen Krieges
zerstört worden war. Doch selbst das genügte dem Himmel offensichtlich noch nicht, denn
was als Ruine übrig geblieben war,
wurde nach heftigem Blitzschlag im Jahr 1764
durch ein Feuer nochmals gründlich eingeäschert.
Weil wir an diesem Tag schon eine längere Reise hinter uns hatten, beschränkte sich unser Programm auf einen kurzen Rundgang durch die Stadt, der uns vom Karlsplatz aus aber einen schönen Blick auf das Schloss ermöglichte.
Am Neckarufer begann dann das Herz von Matz hörbar stärker
zu schlagen, während sie dem Frachtschiff El Teide zuschaute,
das aus der Schleuse glitt und langsam auf die Brücke stromabwärts zusteuerte. Als
geübte Kapitänin fieberte
sie mit, ob der beladene Kahn wohl den Durchgang zwischen den Pfeilern treffen
würde. Ein Unterfangen, das bei der aktuell starken Strömung des Neckars
nicht ganz ohne ist.
Ein deutliches Symptom von Entzugserscheinungen, das klar machte, dass
es wohl höchste
Zeit sei, auf unser Schiff zurückzukehren.
Ein Bisschen Bierseligkeit genossen auch wir während unserem Nachtessen in einem Restaurant der Altstadt, das Gambrinus sichtbar verehrte.
Zwei Tage später kamen wir in Haren an und waren
gespannt, wie der Hafen nach dem starken Hochwasser, das während des
Jahreswechsels die Gegend heimgesucht hatte, aussehen würde.
Ein erster Augenschein beruhigte uns doch sehr. Lediglich im Hintergrund
kann man noch Reste des Hochwassers ausmachen.
Wir waren aber erstaunt, dass zwei Monate nach dem Hochwasser der Wasserpegel immer noch so viel höher stand als üblich und die starke Strömung der Ems liess uns ahnen, dass wir unter diesen Umständen noch längere Zeit nicht auf dem Fluss bergwärts werden fahren können.
Zufällig kamen wir am selben Ort vorbei, wo am Jahresende das Pressefoto geschossen worden war, das damals unsere Bedenken erst ausgelöst hatte (siehe drittletztes Bild im Beitrag Dezember 2023).
Als wir uns dem Schiff näherten, machten wir, nicht ganz unerwartet, Spuren ganz anderer
Art aus, die wir wegen früheren Erlebnissen schon recht gut kannten (siehe
März 2013 und April 2014). Ein kurzer Blick genügte daher, die beiden
Nester zu finden, wo sich offenbar zwei Stockentenpaare
dazu entschlossen hatten, in unseren Blumenkisten ihre diesjährige Brut
aufzuziehen. Weil wir vor Jahren beim selben Anlass auch recht unangenehme,
zum Teil
traurige
Erfahrungen gemacht haben, haben wir zunächst erwogen, den begonnenen Nestbau
zu unterbrechen. Eine kurze Rechenübung zu Legezeit und
Brutdauer zeigte uns dann, dass mit
grosser Wahrscheinlichkeit die jungen Enten geschlüpft sein werden,
bevor wir tatsächlich mit der Mizar auf Reise gehen würden.
Und der schöne Teil der Erinnerungen von damals, an den wir auch immer wieder gerne
zurückdenken, bestärkte uns zu diesem Entschluss.
Während einer Woche lebten wir in einer kleinen Airbnb-Wohnung in der
Stadt und nutzten die Gelegenheit, verschiedene Sachen einzukaufen und
an diese Adresse liefern zu lassen. So konnten wir alles einfach auf dem
Schiff deponieren. Das Wetter war zumeist regnerisch und kühl, trotzdem
entdeckten wir überall weitere Anzeichen vom kommenden Frühling.
Während dieser Zeit wuchsen die beiden Entengelege jeden Tag um ein weiteres
Ei an. Bebrütet werden die Eier erst, wenn nach dem Geschmack der Mutter
das Gelege vollständig ist. Damit erreicht sie, dass alle ihre Küken zum
gleichen Zeitpunkt schlüpfen.
Damit wir wieder zu unserem ursprüglichen Zeitplan zurückfanden, mussten wir eine weitere Woche überbrücken. Wir mieteten darum erneut für eine Woche eine Airbnb-Wohnung, diesmal in Leer. Wir kannten die Stadt schon von unseren früheren Besuchen her (siehe November 2012, Oktober 2015 und März 2016) und hatten schon einige Zeit hier verbracht. Es galt also zunächst, alte Erinnerungen aufzufrischen und und wir bekamen Gelegenheit, uns mit Veränderungen auseinander zu setzen. Die Stadt zeichnet sich aus durch einige gemütliche Strassen und ein paar ausgesprochen hübsche Fassaden. Wir hatten aber das Gefühl, dass sie seit unserem letzten Besuch etwas Leben verloren hat. Eindrücklich ist immer noch der Hafen, insbesondere auch der historische. Die Freude wird aber etwas getrübt, weil das Wasser, das von der Leda hochgepumpt wird, mindestens so trüb, ja schmutzig ist, wie jenes der für die grossen Schiffe der Meyerwerft ausgebaggerten Ems.
Zu den Erinnerungen gehörte auch ein Besuch bei Annette und René in ihrer Wohnung direkt am Hafen von Leer, von der aus sie im Winter 2015/2016 ein wachsames Auge auf unsere Mizar hatten, während wir im Südpazifik von Insel zu Insel hüpften. Im letzten Herbst hatten sie uns in Haren besucht (siehe Oktober 2023), kurz nachdem wir dort unser Schiff festgemacht hatten. Einen ganzen Abend lang genossen diesmal wir ein feines Essen bei ihnen zu Hause, wo lebhafte Gespräche die Zeit so schnell vergehen liessen, dass wir uns, beinahe etwas unanständig, erst zu vorgerückter Stunde auf den Heimweg machten.
Auch in diesem Monat begleitete uns weiterhin die erstaunliche
Geschichte von Napoléon Bonaparte und damit die
Geschichte des europäischen Kontinents während der ersten Hälfte des 19.
Jahrhunderts. Seit mehr als vier Monaten verfolgten wir nun anhand von
Hörbüchern die Geschehnisse in Europa zu jener Zeit, wo
sich mit der Französischen Revolution von 1789 und ihren
blutigen Nachwehen das
Schicksal des ganzen Kontinents neu ordnete. Damit wurde eine neue Zukunft
eingeläutet und die beteiligten Staaten
mehrfach umgebaut. Nach und nach wurde dabei jenes Europa gestaltet, in dem wir
heute leben. Geblieben sind die zahllosen Kriege, die dieser lange und
leidvolle Weg
mit sich brachte und die uns, in etwas abgeänderter Form, heute erneut bedrohen.
Neben den Hörbüchern von Sabine Ebert lasen wir auch die drei Romane von
Sandra Gulland, die sie in der Form eines Tagebuches von Joséphine Beauharnais
geschrieben hat. Sie schildern die Zeit aus
der Sicht der ersten Ehefrau Napoleons. Die eingängigen Bilder
hatten bei unserem Besuch im
Napoléonmuseum von Arenenberg (siehe November 2023) eine
nachhaltige Bestätigung gefunden und begleiteten uns in angenehmer und
spannender Weise durch die
grauen Wintertage.
Eine wertvolle Ergänzung aus jüngerer Zeit war
auch das
Buch von Chris Inken Soppa: Hortense de Beauharnais.
Darin berichtet Hortense, die Tochter von Joséphine Tascher und Alexandre de Beauharnais,
über ihr Leben während des Aufstieges ihres
Stiefvaters Napoléon vom unbekannten korsischen Offizier zum Kaiser von Frankreich. Sie
erzählt auch ausführlich über ihre Zeit im Schloss Arenenberg in der
Schweiz. Erstaunlich ist, dass ihr jüngster Sohn, der dort das Schweizerische
Bürgerrecht bekommen hatte, später in Thun die militärische Rekrutenschule besucht und
danach gar als Artillerieoffizier der Schweizer Armee Dienst geleistet hat.
Nach einem ersten Putschversuch in Frankreich wurde er nach Amerika
verbannt. Als seine Mutter im Sterben lag, kehrte er zu einem letzten
Treffen mit ihr nach Arenenberg
zurück. Ein Auslieferungsbegehren Frankreichs gegen ihn wurde abgelehnt,
weil er Schweizer Bürger war. Als Frankreich daraufhin Truppen
mobilisierte, um ihn zu holen, kam er durch seine Ausreise nach England
kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und der Schweiz
zuvor. Nach einem zweiten Putschversuch von England aus wurde er in
Frankreich zu
lebenslanger Festungshaft verurteilt, aus der ihm allerdings die Flucht zurück nach
England gelang. Nach der Französischen Februar-Revolution von 1848 und der
daraus folgenden Ausrufung der
zweiten Republik wurde er demokratisch als deren
Präsident gewählt.
Am 2. Dezember 1852 wurde er, der Sohn von Hortense de Beauharnais und
Louis Bonaparte, einem Bruder Napoléons I, gar zum
Kaiser Napoléon III von Frankreich gekrönt.
Damit konnten wir nun auch endlich das Bild vom Stammbaum der Familien
Beauharnais und Bonaparte verstehen, das uns bei unserem Besuch im
Napoléonmuseum im letzten November (siehe November 2023) noch verwirrt
hatte.
Geschichtsunterricht, wie er lebendiger kaum hätte sein können.
Der Zustand unserer Mizar am Ende dieses Monats hat unsere Bedenken
bezüglich des Hochwassers relativiert und so können wir uns entspannt auf den kommenden Sommer
freuen.
Obwohl recht viel Malerarbeiten auf dem Programm stehen.