April 2025 

Für unsere Reise zurück zur Mizar hatten wir diesmal einen Zug der Österreichischen Bundesbahnen gewählt, die seit einiger Zeit eine direkte Verbindung von Zürich nach Berlin im Angebot hat. Reisen im Schlafwagen während der Nacht!
Pünktlich, um 20.00 verliessen wir Zürich, wohl ausgerüstet mit einem feinen Nachtessen in der Reisetasche samt einem beruhigenden Glas Wein.

   

Nach etwa zwei Stunden meldete sich der mitfahrende Steward und baute unsere kleine Wohnung um zum bequemen Schlafzimmer. So verlief unsere Reise ruhig und wir fuhren durch die Nacht - von der wir einen guten Teil verschliefen - einem neuen Tag entgegen und damit dem nächsten Sommer auf unserem Schiff.

Rechtzeitig, damit vor der Ankunft genügend Zeit verblieb, wurde mit dem Sonnenaufgang ein reichhaltiges Frühstück serviert und wir fuhren danach so pünktlich in den Hauptbahnhof Berlin ein, wie wir Zürich verlassen hatten.

Mit einem lokalen Zug ging es dann gleich weiter nach Brandenburg, wo wir für die ersten Tage ein Mietauto reserviert hatten.
Mit diesem fuhren wir in wenigen Minuten zur Marina Plaue, wo wir unsere Mizar in gutem Zustand vorfanden.
Sie hatte den Winter ohne grössere Probleme überstanden, was uns riesig freute und unsere Zuversicht stärkte, dass uns ein freundlicher Sommer bevorstehen werde.

 

Die nächsten Tage verbrachten wir mit Einrichten und Einkaufen und profitierten zwischendurch von unserer eingemieteten motorisierten Beweglichkeit.
Dank all dem konnten wir schon nach kurzer Zeit auf dem Schiff recht gemütlich leben.

Bei schönem Wetter machten wir kurze Ausflüge in die nähere Umgebung und besuchten so die Gartenstadt Plaue, eine Wohnsiedlung, die ab 1916 geplant und gebaut worden war. Damals vornehmlich für die Arbeiter und Angestellten der Königlich-Preussischen Pulverfabrik im nahen Kirchmöser. Von den ursprünglich geplanten rund 300 Häusern wurden schlussendlich rund 200 gebaut. Klein und bescheiden zwar, aber mit Gärten und Nebengebäuden, was den Bewohnern eine weitgehende Selbstversorgung ermöglichte.
Heute sprechen die Häuser, dank ihrer guten Lage und durchdachten Anordnung offensichtlich auch deutlich besser gestellte Leute an.

   

Ein weiterer Ausflug führte uns zum Schloss Plaue, das mit dem dazugehörenden Park zwar einen etwas vernachlässigten Eindruck macht, aber dennoch spürbar von der Grösse und Pracht längst vergangener Zeiten zeugt. Unmittelbar an der Havel gelegen, bietet der Park mit seiner Teichanlage, dem Engelstor, das zum Grab der Gräfin Lily Königsmarck führt, sowie dem ehemaligen Tontaubenschiessstand, wo sich die Schlossbewohner vergnügten, doch einiges, das sehenswert ist. Speziell erwähnen möchten wir die Statue des rührigen Dichters Theodor Fontane, der mit seinen vielfältigen Tätigkeiten die Mark Brandenburg bereichert hat. Selbst uns hatte sein Werk schon in die Zeitung gebracht (siehe  August 2016, Artikel MOZ).

   

Auch im Hafen selber gab es einiges zu sehen. Besonders aufgefallen ist uns ein Segelschiff aus Aluminium, von dem das spezielle 'Segel' erwähnenswert ist. Es ist in der Form eines Fluzeugflügels gebaut und wird für die Fahrt senkrecht aufgestellt.
Ob da wohl jemand grosse Träume gehabt hat?

 

Erneut überraschte uns das alte Problem mit der Tankanzeige für unseren Fahrdiesel (siehe auch September 2024). Das machte es nötig, dass wir uns nach einer Werkstatt umsahen, der wir unsere Sorge anvertrauen konnten. Immerhin hätte im schlimmsten Fall der Dieseltank auslaufen können. Nach einer Woche verliessen wir daher unseren Winterplatz und fuhren Richtung Genthin, wo wir eine geeignete Werft ausgemacht hatten.
Ein letzter Blick zurück zum Steg, an dem die Mizar einen Winter lang auf uns gewartet hatte.

Nach dem Plauer See fuhren wir in den Elbe-Havel-Kanal ein und kamen dann unter der Brücke hindurch zur Schleuse Wusterwitz und damit zu unserer ersten Schleuse dieser Saison.

In der Werft Genthin trafen wir freundliche Leute, die sich unserer Sorgen annahmen und wir erlebten für ein paar Tage den Alltag eines Betriebes, der in manchem an die Zeiten vor der grossen Wende erinnerte. Zwischendurch nutzten wir die gute Gelegenheit, kleinere Malerarbeiten zu erledigen.

   

    

Schon beim Einfahren in den Hafen der Werft Genthin wurden wir von weitem von Erik begrüsst, den wir im letzten September in Waren kennen gelernt hatten. Dort hatte er mit seinem auffälligen Schiff unsere Aufmerksamkeit erregt und offensichtlich war ihm auch unser Schiff in (guter) Erinnerung geblieben. Er machte damals einen kurzen Besuch bei uns und erzählte von seinem eher speziellen Unternehmen und von ihm, als Mann für besondere Arbeiten auf dem Wasser. Offenbar hatte er eine Möglichkeit gefunden, mit altem Arbeitsgerät aus der Zeit der DDR Aufträge auszuführen, denen andere Betriebe eher ausweichen. Zusammen mit seinem Papa Ralf, der offensichtlich gerne mit seinem Sohn zusammenarbeitet, hat er auch diesmal wieder einen Abend auf unserem Schiff verbracht, in dessen Verlauf Erik, einfach so nebenbei, unser Anzeigeproblem beim Dieseltank richtig einschätzte und es mit wenigen, gekonnten Handgriffen sauber löste. Damit waren wir ein Problem los, das uns schon zweimal einen Aufenthalt in einer Werft bescherte, was nicht wirklich viel half, uns aber ein paar hundert Euro gekostet hatte.

 

Obschon damit der Grund für unseren Aufenthalt in der Werft weggefallen war, verbrachten wir die Ostertage am selben Platz. Er bot uns alles, was wir im Moment brauchten. Die Umgebung war zwar nicht gerade festlich und trotz des schönen Wetters kam bei uns nicht wirklich Frühlingsstimmung auf. Aber der Osterhase hat uns dennoch gefunden und ein Nest voller Eier auf dem Schiff abgelegt.
So stand einem würdigen Osterfest nichts im Wege.

Am ersten Werktag nach dem Fest verabschiedeten wir uns von unseren freundlichen Gastgebern und machten uns auf den Weg Richtung Brandenburg und Potsdam. Beides Orte, die wir schon mehrfach besucht haben, die aber zufällig auf dem Weg lagen für die Reise, die wir uns für dieses Jahr zurechtgelegt haben. Nichts davon ist wirklich in Stein gemeisselt und wir wollen uns auch nicht durch zu viele Pläne die Hände binden lassen.

Auf dem selben Weg, auf dem wir vor ein paar Tagen hier angekommen waren, fuhren wir anfänglich wieder zurück. Zunächst durch den Elbe-Havel-Kanal ...

 ...  nach Wusterwitz und Kirchmöser und von dort dann durch den Plauer See Richtung Brandenburg. Wir waren nicht in Eile und haben nach der Brücke bei Kirchmöser noch eine ruhige Nacht verbracht. Dabei hatten wir gegen Norden freien Blick nach Plaue, wo wir vor einer Woche weggefahren waren, während uns im Westen die untergehende Sonne eine Abendstimmung präsentierte, die kaum zu übertreffen war.

Während all dem belasteten uns jeden Tag die neuen Ergüsse der aktuellen amerikanischen Administration. Zeitweise waren die Nachrichten fast unerträglich. Im Bemühen, die erschreckende Unwissenheit des Präsidenten - die allein durch dessen noch grössere Arroganz übertroffen wird - zu verstecken, bemühten sich seine handverlesenen Adlaten, der Welt seine Ergüsse als der Weisheit letzter Schluss darzustellen. Dass sie damit dem Kriegsverbrecher in Moskau direkt in die Hände spielten, nahmen sie, zu Gunsten ihrer eigenen Karriere, gerne in Kauf. Einziger Lichtblick war, dass die resultierenden Turbulenzen in der Weltwirtschaft bald auch die USA selber empfindlich trafen. In diesem Prozess brach auch die jahrelang hochgelobte Allianz der westlichen Staaten krachend zusammen und leider fehlte einmal mehr den europäischen Politikern der Mut, klar die Worte auszusprechen, die nötig gewesen wären und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Aus Angst, etwas vom gewohnten Komfort zu verlieren, verfielen sie allesamt in Schockstarre.

Zum Ausgleich erfreuten wir uns ganz bewusst an den vielen kleinen Wundern der Natur, denen wir während unserer Reise immer wieder begegnen.

Nach kurzer Reise durch den Breitlingsee und die Brandenburger Niederhavel erreichten wir Brandenburg, wo wir fast eine Woche bleiben wollten.

Kurz nach dem Anlegen am Steg Slawendorf in Brandenburg hörten wir das unablässige Klopfen eines Spechtes, das uns auffiel, weil es fast ohne Pausen während Stunden andauerte. Nach längerem suchen fanden wir in einem zurechtgestutzten Weidenstrunk am Rand des Steges ein offensichtlich frisch gemeisseltes Loch. In der Höhle dahinter war der kleine Baumeister fleissig am arbeiten.

Rasch haben wir bemerkt, dass wir ihn durch Rufen bei der Arbeit stören konnten, worauf er diese sofort unterbrach um nachzuschauen, wer der Störefried sei.
Wir sahen dann einen Buntspecht Mann, der offensichtlich weiss, dass er sich zuerst eine Höhle bauen muss, wenn er bei seiner späteren Suche nach einem Weibchen Erfolg haben will.
Dafür arbeitete er - gut hörbar - fleissig mehrere Tage hintereinander!

     

Und sogar Matz liess sich von seinem Fleiss anstecken, schnappte sich erneut Pinsel und Farbtopf und die blauen Poller erstrahlten bald wieder in alter Frische.

Am 28. April herrschte bei uns Feststimmung. Matz, als waschechte Zürcherin, war kaum vom Fernseher wegzubringen, so sehr fesselten sie die Bilder vom Zürcher Sechseläuten. Das ist das traditionelle Frühlingsfest der Zürcher Zünfte, bei dem nach einem Umzug durch die Stadt um punkt sechs Uhr Abends der berühmte Böög angezündet wird. Die Zeit, die vergeht, bevor der Kopf des brennenden 'Schneemanns' explodiert, gilt als zuverlässige Prognose für das Wetter des kommenden Sommers. Obschon dieses Jahr die Sonne den ganzen Tag vom blauen Himmel schien, dauerte das Warten lange 26 Minuten und 30 Sekunden, was bloss einen mässigen Sommer verspricht.
Wir werden daraus trotzdem das Beste machen.

     

     


(Bilder: Schweizer Fernsehen)

Am nächsten Tag ging unsere Reise weiter zum Silokanal und durch die Brandenburger Vorstadtschleuse zurück in die Untere Havel in Richtung Ketzin. Die Landschaft ist auf diesem Abschnitt sehr abwechslungsreich, denn der ansehliche Fluss mausert sich mehrfach zu einem kleinen See und wieder zurück zum eher schmalen Gewässer.
Solche Landschaften eignen sich natürlich ganz besonders, ganz besondere Ferien zu machen. Sei es zu zweit oder mit der ganzen Familie. Dazu eignet sich ganz besonders die Miete eines BUNBO's (Bungalow Boat). Das ist eine Art Floss mit einem kleinen Bungalow darauf, das man ohne Ausweis fahren kann und das vollkommenen Komfort bietet, je nach Wunsch, von ganz einfach bis ganz luxuriös. Damit lässt sich überall problemlos ankern und vom Boot aus ebenso problemlos Sport betreiben. Man kann so baden, SUP (Stand up Paddel) fahren oder einfach auf der Terrasse sitzen und lesen und man spart dabei weitestgehend kostspielige Liegegebühren. Etwas für alle!
Entsprechend haben wir dieses Jahr extrem viele BUNBO's gesehen und die Leute darauf machten immer einen sehr glücklichen Eindruck.

  

In Ketzin legten wir diesmal am stillgelegten Quai des Kraftfuttermischwerks an. Eine Idee, die uns von Kennern der lokalen Bedingungen angeboten worden ist und auch Konsequenz unserer Erfahrungen im Juni des letzten Jahres (siehe Juni 2024). Der Platz ist offensichtlich für die Vögel mindestens so interessant wie für die Schiffer, weil für jene sprichwörtlich haufenweise Getreide und Futtermittel herumliegen.

  

Am nächsten Tag fuhren wir gemütlich weiter auf der Unteren Havel zur Potsdamer Havel und danach über den Grossen Zernsee, vorbei an der Inselstadt Werder, wo wir dann nach kuzer Zeit in den Schwielowsee einfuhren.

Das hatten wir schon länger im Programm, weil wir im Juni des letzten Jahres bei einem Besuch per Bus von Potsdam aus ganz überraschend einen Winterplatz in der Marina Ferch am Südende des Sees reserviert hatten: für das jetzt laufende Jahr! Jetzt wollten wir diese Abmachung - am besten vor Ort - bestätigen, um sicher nicht im kommenden Herbst ohne Winterplatz für die Mizar dazustehen.
Wir ankerten etwa 100m von der Marina Ferch weg und ihr Besitzer besuchte uns mit seinem (elektrischen) Motorboot. Bei gemütlichem Kaffe und Kuchen auf der Terrasse bestätigte sich rasch unser guter Eindruck vom letzten Jahr und so werden wir uns im Herbst ganz sicher wiedersehen.

Da das Wetter schön war und die Umgebung angenehm, verbrachten wir auch gleich hier unsere erste Nacht vor Anker.
Sie wird ganz sicher nicht die einzige bleiben in diesem Jahr.

Ein langer Bericht für einen kurzen Monat.
Wir hören uns in einem Monat wieder und wünschen allen einen schönen Wonnemonat Mai!

 

Monat April 2025:
- 16h 05'
- 105 km

- 3 Schleusen

 

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